Beschluss: einstimmig beschlossen

Bürgermeisterin Neuke verwies auf die Vorstellung der Gutachten in der letzten Fachausschusssitzung. Es ergaben sich keine weiteren Fragen. Der Finanz- und Planungsausschuss sprach dem VA die einstimmige Empfehlung aus, die Gutachten „Zentraler Versorgungsbereich Lemwerder, Solitärstandort, Sortimentsliste für Lemwerder“ und die „Verträglichkeitsanalyse für die Erweiterung eines Raiffeisen-Marktes in Lemwerder, Werner-von-Siemens-Straße 13, Einordnung gem. § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO (Focus Satz 4 = Atypik)“ als Handlungsgrundlage für die Aufstellung und Änderung zukünftiger Bebauungspläne und Ansiedelung von Unternehmen zu nutzen.

 


Sachverhalt:

1) Gutachten A-Typik zur Raumordnung

Die Raiffeisen-Warengenossenschaft Hunte-Weser eG (Kurz: RWG) betreibt im Ortsteil Altenesch einen Raiffeisen-Markt als Einzelhandel u.a. für Baumarkt-, Gartenartikel und Tiernahrung, sowie einen Landhandel. Die RWG plant, die Räumlichkeiten durch Teilabbruch und Neubau auf 1.495 m² Nutzfläche (Geschossfläche) zu vergrößern. Die Gesamtverkaufsfläche soll von rd. 507 m² soll auf rd. 988 m² erweitert werden. Die RWG hat daher den Antrag gegenüber der Gemeinde gestellt, den bestehenden Bebauungsplan Nr. 1-21 „Gewerbegebiet Bahnhof Altenesch“ planungsrechtlich so anzupassen, dass eine bauliche Erweiterung des Raiffeisen Marktes baurechtlich genehmigungsfähig ist.

 

Es handelt sich daher um ein Einzelhandelsgroßprojekt im Sinne des § 11 Abs. 3 Baunutzungsverordnung (BauNVO). Hierunter sind u.a. großflächige Einzelhandelsbetriebe über 800 m² Gesamtverkaufsfläche (GVKF) bzw. über 1.200 m² Geschossfläche zu verstehen.

 

Der Ortsteil Altenesch befindet sich gemäß Entwurf des Regionalen Raumordnungs-programms des Landkreises Wesermarsch 2018/2019 (RROP) außerhalb des zentralen Siedlungsgebiets des Grundzentrums Lemwerder. Insofern ist eine Sondergebietsaus-weisung für großflächigen Einzelhandel gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO aufgrund der landesplanerischen Ziele (hier: Konzentrationsgebot gemäß LROP-VO Niedersachsen 2017) nicht möglich. Eine Ausnahme kann in der Besonderheit des Vorhabens liegt.

 

A-Typik

Gemäß § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO kann die Vermutungsregelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 BauNVO widerlegt werden, wenn Auswirkungen gemäß Satz 2 der Vorschrift nicht zu erwarten sind. Somit wäre zu prüfen, ob die gemäß § 11 Abs. 3 BauNVO zu vermuteten Auswirkungen aufgrund städtebaulicher und/ oder betrieblicher Besonderheiten im speziellen Fall nicht zu erwarten sind (sog. A-Typik-Bewertung). Dabei sind in Bezug auf die in § 11 Abs. 3 Satz 2 BauNVO bezeichneten Auswirkungen insbesondere die Gliederung und Größe der Gemeinde und Ihrer Ortsteile, die Sicherung der verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung und das Warengebots des Betriebs zu berücksichtigen.

Grundlage für die Beurteilung sind in der Regel die Einzelhandelskonzepte der Kommunen. Die Gemeinde Lemwerder verfügt über kein gesondertes Einzelhandelskonzept sondern hat mit einem großen Teil der Mitglieder des Kommunalverbundes ein Regionales Zentren- und Einzelhandelskonzept (RZEHK) für anwendbar erklärt

 

Für großflächige Einzelhandelsvorhaben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten mit einer GVKF über 800 m² ist ein Nachweis gemäß den Kriterien dieses RZEHK, da sie eine Nahversorgungsfunktion erfüllen und somit nach Art, Lage oder Umfang nur unwesentliche Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO haben dürfen.

 

Das bedeutet, dass sich solche großflächigen Einzelhandelsbetriebe, die sich nach Art, Lage oder Umfang auf die Verwirklichung der Ziele der Raumordnung und Landesplanung oder auf die städtebauliche Entwicklung und Ordnung nicht nur unwesentlich auswirken könnten.

 

2)  Sortimentsliste

Einzelhandelskonzept

Der zentrale Versorgungsbereich (ZVB)  sowie der sog. Ergänzungsbereich nach dem RZEHK befindet sich im Ortskern Lemwerder, entlang der Stedinger Straße/ Kleine Straße, einschließlich des Gewerbegebiets Edenbüttel. Spezielle Festlegungen zu den Sortimenten in Lemwerder bestehen bisher nicht.

 

Sortimentsliste

Für anstehende einzelhandelsbezogene Plan- und Genehmigungsverfahren und eine entsprechend abgewogene Bewertung der damit einhergehenden absatzwirtschaftlichen und städtebaulichen sowie planungs- und genehmigungsrechtlichen Fragestellungen möchte die Gemeinde nunmehr wesentliche konzeptionelle Grundlagen schaffen und im Kontext des § 1 Abs. 6 Satz 11 Baugesetzbuch (BauGB) beschließen. Mit dem Gutachten („Sortimentsliste“) wird ergänzend zum RZEHK und darauf aufbauenden Ableitung einer Lemwerder Sortimentsliste diese Grundlage geschaffen. Zudem werden wesentliche weitere Solitärstandorte beschrieben und kategorisiert.

 

Im Gutachten („Sortimentsliste“) wurden folgende Punkte untersucht und bewertet:

  • Abgrenzung des zentralen Versorgungsbereiches Lemwerder
  • Ausweisung von Solitärstandorten
  • Ableitung der Lemwerder Sortimentsliste

 

Die wesentlichen Punkte dazu werden in der Sitzung vorgestellt und erläutert.

 

Ergänzend:

IMAGE-Moderationsverfahren

In Falle eine großflächigen Einzelhandelsvorhabens sieht es der Kommunalverbund vor, dass Einzelhandelsgroßprojekte nach den Regeln des IMAGE-Mode-rationsverfahrens (IMAGE– Interkommunale Moderation von Ansiedelungsvorhaben des großflächigen Einzelhandels) abgestimmt werden. https://www.kommunalverbund.de/portal/seiten/moderationsverfahren-image-901000044-3300.html

 

Das IMAGE-Moderationsverfahren betrifft Planungen von Neuansiedlungen und Erweiterungen von Einzelhandelsgroßprojekten und Agglomerationen verschiedener Einzelhandelsbetriebe, die zusammen über 800 qm Verkaufsfläche erreichen.

 

Die Planungen und Erweiterungen umfassen u.a.

  • Neuansiedlungen
  • Erweiterungen und/oder Nutzungsänderungen im Bestand
  • Verlagerungen
  • Aufstellung Bebauungsplan oder Flächennutzungsplan.

 

Für großflächige Einzelhandelsvorhaben mit nahversorgungsrelevanten Sortimenten mit einer Gesamtverkaufsfläche über 800 m² Verkaufsfläche/ 1.200 m² Geschossfläche ist ein Nachweis gemäß den Kriterien des RZEHK erforderlich, dass sie eine Nahversorgungs-funktion erfüllen und somit nach Art, Lage oder Umfang nur unwesentliche Auswirkungen im Sinne des § 11 Abs. 3 Nr. 2 BauNVO haben.

 

Das bedeutet, dass ein solches Vorhaben eines großflächigen Einzelhandelsbetriebs, weil es sich nicht im ZVK befindet, keine Auswirkungen auf die regionale Raumordnung haben darf.

Um den Vorgaben des § 11 BauNVO und des RZEHK nachzukommen, wurden für das geplanten Vorhaben der Erweiterung des RWG-Standortes daher in Form von aufgestellten Gutachten („A-Typik“ und „Sortimentsliste“) die möglichen Auswirkungen des Vorhabens auf die umliegenden räumlichen Bereiche geprüft. 

 

Ergebnis

Nach Prüfung durch die zuständige Raumordnungsbehörde (Landkreis Wesermarsch) ist das geplante Vorhaben als atypisches Vorhaben gemäß § 11 Abs. 3 Satz 4 BauNVO eingeordnet worden. Zu demselben Ergebnis sind die beauftragten Gutachten (A-Typik und Sortimentsliste) gekommen.

Nach Prüfung des Moderationsausschusses des Kommunalverbunds wird angenommen, dass im Rahmen der durchgeführten Prüfung und Bewertung des IMAGE-Moderationsverfahrens keine Moderationsgespräche durchgeführt werden müssen.

 

Es wird jedoch angeregt, dass in der Bauleitplanung und in der Baugenehmigung die Zulässigkeit des Vorhabens an den Betrieb des Raiffeisen-Landhandels zu binden und zu diesem Zwecke beide Gutachten vom Verwaltungsausschuss als zukünftige Handlungs-grundlage für die Bauleitplanung der Gemeinde als Handlungsgrundlage anzuwenden.

 


Abstimmungsergebnis:

 

Ja:

15

Nein:

0

Enthaltung:

0